Kirchgemeindenachrichten Mai 1989

Im März 1908 ereignete sich zwischen Zockau und Birkau ein schwerer Unfall. Der Erste gräfliche Kutscher, Pferdemeister Blasius Soppa stürzte, nachdem ihm die Pferde durchgegangen waren, vom Wagen und blieb bewußtlos liegen. Die Pferde wurden am Bahnhof Seitschen zum Stehen gebracht, und da man an ihnen erkennen konnte, woher sie kamen, wurde das Schloß benachrichtigt. Es wurden sofort Leute abgestellt, den Kutscher zu suchen. Man fand ihn bewußtlos. Dabei war gerade er nach Gaußig geholt worden, weil er in der Pferdezucht über hervorragende Fähigkeiten verfügte. Lernte er doch in seiner Jugend bei dem Fürsten Lichnowski in Kuchelna/Schlesien die englische Pferdezucht und war sicher auch mit ihm in England gewesen. Sechsspännige Kutschen zu lenken, war ihm kein Problem. - Und nun dieses Geschick!
Als er sich wieder erholt hatte, fuhr er im Auftrag der Gräfin nach Berlin, um dort einen Pferdekauf zu tätigen. Doch befielen ihn dort derartige Schmerzen, daß er zurück nach Gaußig gebracht werden mußte und hier am 5. April verstarb. Er hinterließ 2 Söhne und 3 Töchter. Sein Sohn Wilhelm wurde 1888 in Kuchelna geboren, wurde hier in Gaußig 1894 eingeschult. - In dem Jahr, in dem Vater Soppa in den Dienst der Gräfin Schall-Riaucour wechselte. Da die Familie katholisch war, erhielten die Kinder ihren Religionsunterricht im Kaplanzimmer des Schlosses oder in der Kapelle. Ab der 5. Klasse besuchte er die Domschule in Bautzen und legte dann in Reichenberg das Abitur ab.
  Nach einigem Schwanken setzte sich der Wunsch, Priester zu werden, durch, und er studierte katholische Theologie in Prag und Breslau. Da er von seiner Familie nicht reichhaltig unterstützt werden konnte, verdiente er sich durch Stundengeben noch Geld hinzu. 1915 wurde er im Dom zu Bautzen geweiht. Seine Primiz jedoch, die erste heilige Messe, feierte er in der Heimat seiner Familie in Kuchelna. Seine erste Anstellung war dann als Kaplan in Schirgiswalde. 1922 wurde das katholische Bistum wieder errichtet.
Damals weilte Eugenius Pacelli, der spätere Papst Pius XII., als Vertreter des Papstes in Bautzen und besuchte auch Gaußig. 1924 wurde Kaplan Soppa in das Bautzener Ordinariat berufen. Er beteiligte sich an Verwaltungsaufgaben und an der Priesterausbildung. Dabei hatte er ein großes Arbeitspensum zu bewältigen. 1934, seine Mutter war kurz vorher gestorben, wurde er verhaftet. Der nationalsozialistische Staat, der keine selbständig handelnde Kirche dulden wollte, begann unter Vorwänden Geistliche zu bedrücken. Auf lange Sicht sollte damit einer Entkirchlichung Deutschlands der Weg geebnet werden. Aus dem Polizeigefängnis Dortmund traf dann die erste Nachricht für die Angehörigen ein. Die zweite Nachricht mit dem Urteil: 4 Jahre Zuchthaus wegen Devisenvergehen kam aus Moabit. Doch wurde er nach zwei Jahren, wegen guter Führung aus dem Gefängnis wieder entlassen. Nach einem arbeitsreichen Leben verstarb er im Beisein seiner Geschwister 1962 im Benno-Krankenhaus Bautzen.

  Priester Wilhelm Soppa (im Bild rechts) mit einem anderen Geistlichen der Bautzener Umgebung. Hier in Gaußig war für ihn und seine Geschwister die eigentliche Kindheit mit all ihren Erinnerungen. Sein Bruder bekam hier Lust, den Beruf eines Försters zu erlernen. Wohnte doch Familie Soppa neben dem Forsthaus (Naundorfer Str. 3). Auf dem Nikolaifriedhof in Bautzen sind die Soppas begraben.

Pfr. Gerd Frey