Kirchgemeindenachrichten November 1986


Anlass zum Bau der Schlosskapelle





Diese Ikone wurde im November 1870 in Rom durch Mönche erstellt. Sie wurde Graf Carl Schall-Riaucour bei einer Privataudienz beim Papst überreicht. Dieser Graf stiftete am 17. Juni 1879 für unsere Kirchgemeinde ein Legat von 20000 Mark. Mit den anfallenden Zinsen von 600 Mark jährlich wurden bedürftige Wöchnerinnen unserer Gemeinde unterstützt. (Herminenstiftung) Dieses Liebeswerk hatte seinen Grund in einem schweren Schicksalsschlag. Im Kirchenbuch zu Gaußig findet sich unter der Nummer 13 des Jahres 1879 folgender Eintrag:

"Gaußig am 5. März früh 3 Uhr, Mittwoch, verstarb Frau Gräfin Hermine Marcellina Maria Henriette Gräfin von Schall-Riaucour, geborene Freiin von Palm aus Würtenberg, gewesene Hofdame ihrer Majestät der Königin Carola von Sachsen, des erlauchten Herrn Reichsgrafen Carl Schall-Riaucour auf Gaußig gewesene Gemahlin. Begraben am Sonnabend, den 8. März nach katholischem Ritus allhier, ihres Alters 31 Jahre und 7 Monate. Ursache des Todes ist Kindbettfieber. Sie hinterläßt den Gatten, den Vater, eine Schwester, einen Bruder."

Hier wurde aus dem Leid einer Familie für andere ein Segen und eine Hilfe. Graf Carl Schall-Riaucour ließ folgendes niederschreiben:

" "Zum bleibenden Andenken an meine am 5. März 1879 im Schloß zu Gaußig selig entschlafene unvergeßliche Gemahlin Frau Hermine Gräfin Schall-Riaucour geb. Freiin von Palm habe ich, deren hinterbliebener Ehegemahl Carl Graf Schall-Riaucour, Majoratsherr und Collator auf Gaußig pp. pp., eine den Namen meiner verewigten theuren Gemahlin Hermine führende, für bedürftige Wöchnerinnen der Kirchgemeinde Gaußig bestimmte wohltätige STIFTUNG errichtet, welche der Verwaltung des Kirchenvorstandes zu Gaußig übertragen und unter die Oberaufsicht der Kgl. Konsistorialbehörde in Bautzen gestellt werden soll."
  Bis zur Inflationszeit wurden viele Gaußiger Wöchnerinnen mit Geldern aus dieser Stiftung bedacht. Was in unserer heutigen Zeit längst eine Sozialgesetzgebung für alle regelt, war zu anderen Zeiten dem Gewissen einzelner Vermögender anvertraut. Graf Carl Schall-Riaucour hat sich durch den Tod seiner Frau nicht verbittern lassen. Er hat aus der Erfahrung eigener Not die Not anderer gelindert.

Pfr. Gerd Frey