Kirchgemeindenachrichten August 1989

Das Foto zeigt die Familie Graf Schall-Riaucour anläßlich der Feier zur Silberhochzeit am 30. September 1932 in dem böhmischen Schloß Bilin. Ganz rechts auf dem Bild steht der spätere Kaplan Adam Clemens Graf Schall-Riaucour. Nach der Eintragung im Taufregister unserer Gemeinde wurde der am 30. Oktober 1911 geborene, am 1. November in der Schloßkapelle getauft. Er war das vierte Kind seiner Eltern. Von 1918 bis 1923 erhielt er im Schloß Gaußig Privatunterricht und trat dann in das Gymnasium des Benediktinerstiftes von Metten in Bayern ein. 1926 besuchte er ein Gymnasium in München. Sein Abitur legte er im St.-Benno-Gymnasium in Dresden ab. Für seine Bewerbungsunterlagen an das Priesterseminar in Paderborn beglaubigte der damalige Bürgermeister Jatzke die Zeugnisabschrift, und der Gaußiger Arzt, Dr. Pescheck, stellte ein Gesundheitszeugnis aus. 1937 wurde in seiner Abschlußbeurteilung von Paderborn geschrieben: "Sein ganzes Verhalten legte Zeugnis ab von der sorgfältigen Erziehung durch das Elternhaus." Dabei fiel ihm das Studieren nicht leicht und die Absolvierung mancher Prüfung war für ihn mit großen Anstrengungen verbunden. 1937 besuchte er das Priesterseminar in Schmochtitz. Im Dezember 1937 wurde er im Bautzener Dom zum Diakon und am 24. Juli des folgenden Jahres, wiederum im Dom zu Bautzen, zum Priester geweiht.
Seine erste Stelle hatte er im damaligen Chemnitz inne. Er war dort Kaplan für den Ortsteil Siegmar. Von dem Pfarrer dieser Gemeinde datierte ein Brief vom 18. 11. 1941: "Eben ist noch mein letzter Kaplan, Herr Graf von Schall-Riaucour, von der Geheimen Staatspolizei verhaftet worden. Er konnte eben kurz bei mir Abschied nehmen. Es ist ihm gesagt worden, er käme nach Dresden. Weshalb er verhaftet wurde, ist nicht gesagt worden."

 

Erst nach dem Krieg wurde die Vermutung bestätigt, daß es die Verteilung von Schriften war, deren Inhalt als staatsfeindlich angesehen wurde, die zu seiner Verhaftung führte. Doch führte sein Weg nicht, wie bei vielen Geistlichen, nach der Verhaftung in ein Konzentrationslager, sondern er kam nach einigen Monaten wieder frei. Seine nervliche Verfassung gab Anlaß zur Sorge. Vom 1. Oktober 1943 bis 15. Juli 1946 war er Kaplan in Plauen. Die Vorgänge in Gaußig, das Schicksal seiner Familie, nahmen ihn sehr mit. Ab 1946 übernahm er verschiedene seelsorgerliche Aufgaben in den Westzonen. Doch war er oft krank.
Die meisten seiner Brüder kamen im Zusammenhang des Krieges ums Leben. Sein Bruder Moritz, links stehend, verstarb 1955 in Walberberg. Die Brüder Johannes und Maximilian (mit Brille), hinter ihrer Schwester stehend, sowie der jüngste Bruder sind im Osten gefallen. Dr. Carl Graf von Schall-Riaucour, links neben Adam, erlag seinen Verletzungen, die er im Mai 1940 bei Dünkirchen erhielt. Der älteste Sohn, Joseph, ist als einziger der Familie hier in Gaußig begraben (Er verunglückte 1944 unter mysteriösen Umständen).
1949 starb der Vater.
Bei einer Autofahrt, die Friedrich August, der sich auf dem Bild an seine Mutter schmiegt, und der Kaplan im März 1956 mit ihrer Mutter unternahmen, wurde ihr Auto in einen Verkehrsunfall mit einem Militärfahrzeug verwickelt.
12 Tage nach seinem Bruder, am 28. März 1956, verstarb Kaplan Adam Clemens Graf von Schall-Riaucour. Auf dem Friedhof in Heimerzheim am Rhein ist er neben seinen Eltern beigesetzt.
Wenn wir in Dresden die Hofkirche betreten, so finden wir dort eines der bedeutendsten, aber auch umstrittendsten Kunstwerke von Friedrich Preß, dem Gestalter der Gödaer Kirche. Es ist eine Pieta, eine Darstellung des vom Kreuze abgenommenen Christus im Schoße seiner Mutter liegend. Der Schmerz Mariens über ihren Sohn hat zu allen Zeiten christliche Künstler bewegt. So ist diese Pieta zur Erinnerung an die Kriegsopfer geweiht. In der Kapelle, in der sie aufgestellt ist, lesen wir an der Wand auch den Namen des Kaplans Schall-Riaucour, der ein Diener seines Herrn sein wollte. Als 1967 die Gräfin starb, war in ihrer Traueranzeige folgendes biblische Wort zu lesen;
Stoßt euch nicht an der Feuerprobe, die zur Läuterung über euch kommt, als ob euch etwas Befremdliches widerfahre! Nein, freuet euch vielmehr in dem Maße, als ihr am Christi Leiden teilnehmen dürft, damit ihr bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne habet.


1. Petrus 4,12 u. 13
Pfr. Gerd Frey